WhiTTey Ford

Ich bin ja mit Whitey Ford nie so richtig warm geworden. Also nicht falsch verstehen, ist schon ein tolles Rennrad, aber meine Vorfreude während der Warte- bzw. Lieferzeit war dann eben schnell weg wegen all der Kleinigkeiten, die immer und immer wieder auftraten. Sei es das von Anfang an verbogene Schaltauge, dass sich der Schaltwerk eine Woche vor Rad am Ring 2023 wegen eines Softwarefehlers verabschiedet und hat und ausgetauscht werden musste und und und... naja. Ist eben so.

Als dann letztes Jahr der Silver Surfer einzog fiel meine Wahl, ob ich nun das Bike oder Blackie Lawless verkaufe nicht besonders schwer. Wollte halt nur keiner haben, nur um es loszuwerden es für einen Spottpreis rauszuhauen kam für mich aber auch nicht in Frage. Seitdem stand es hier monatelang ungenutzt herum.

Vor ein paar Wochen hab ich dann doch mal die Lager der hohen Laufräder wechseln lassen und einen günstigen Auflieger besorgt, einfach ums mal auszuprobieren, dem Bike nochmal eine Chance zu geben und es von den anderen beiden abzusetzen. Und was soll ich sagen: das macht gerade gut Spaß!

Überlege jetzt noch, ob und wieviel ich noch investieren möchte, ein richtiges TT-Bike wird es ja sowieso nie werden: Blips wären wohl sinnvoll um auch in der Aero-Position schalten zu können. Für SRAM Rival habe ich Aftermarket-Kettenblätter bis 54t zu einem vernünftigen Preis gefunden, wäre auch eine Überlegung wert. Ein TT-Lenker wäre nice, erfordert aber wohl auch neue Bremshebel, also vielleicht als Mittelweg ein etwas aerodynamischeres Cockpit. Vielleicht die Spacer raus, kürzer Vorbau... es gibt Möglichkeiten. We'll see.

Jenny Erpenbeck

Kairos

4

Kann man ein Buch (nur) als gelungen bezeichnen, wenn es Emotionen in einem auslöst? Mir fallen spontan zwei Romane ein, die ich nicht zu Ende gelesen habe weil sich nichts in mir regte, die aber im Allgemeinen als Klassiker gelten.

Die Prämisse von Kairos ist eigentlich simpel: in den 80ern der DDR begegnen sich die neunzehnjährige Katharina und der deutlich ältere Hans und kommen in den nächsten Jahren nicht voneinander los. Vor allem begegnen, vielleicht auch verlieben, wie die beiden immer wieder beteuern. Und liest sich das am Anfang noch alles schön und mit Schmetterlingen im Bauch, so überwiegt zum Ende hin bei mir Mitgefühl. Mitgefühl für Katharina, die sich nicht lösen kann. Wut über die ganze Situation, in der die beiden, aber gerade Katharina sich gebracht hat. Und über alledem wirklicher, ehrlicher Hass auf Hans, ein toxischer, manipulativer, alter weißer Mann, der es zu keiner Sekunde verdient hat, dass ihn überhaupt jemand liebt.

Kairos ist für mich kein schönes, aber ein sehr gutes Buch. Schon das zweite hintereinander, bei dem meine Emotionen für die Handlung ziemlich überwältigend sind. Vier von fünf Kassetten.

Lionel Shriver

Wir müssen über Kevin reden

4.5

Ich weiß nicht wann mich das letzte Mal ein Buch und dessen Charaktere so mitgenommen haben. Klar, man mag sie, hasst sie vielleicht, findet sie unsympathisch oder kann sich mit ihnen teilweise identifizieren, möchte ihnen zurufen oder sie anschreien... alles schon vorgekommen. Aber nicht so wie in diesem Buch. Wenn ich es mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es glaubhaft.

Es geht um Liebe, um Verlust, um Verantwortung, aber eben auch darum, dass Mütter sich heute oft überfordert fühlen und von der Gesellschaft dafür auch noch die Schuld kriegen, alles erzählt durch die Briefe von Eva an ihren Mann nach dem Amoklauf ihres Sohnes. Der Aufbau ist lang, in meinen Augen aber auch notwendig, die letzten zweihundert Seiten mitunter nur schwer erträglich, und das Ende ist es dann auch im wortwörtlichen Sinne.

Es ist kein schönes Buch. Aber ein wahnsinnig gutes. Viereinhalb von fünf Briefen.

Matthew Perry

Friends, Lovers and the Big Terrible Thing

4

Dass Matthew Perry suchtkrank war wusste ich, es war ja kein Geheimnis. Das ganze Ausmaß war mir dagegen nicht bekannt. Puh. Wie viele andere vermutlich auch habe ich die Biographie als ziemlicher Fan von Friends gelesen, man sollte sich nur klar machen, dass das nur einen kleinen Teil im großen Ganzen ausmacht, und den auch nur durch die Augen eines Alkoholikers und Tablettensüchtigen, nicht durch Chandler Bing. Meine Meinung zu ihm hat sich durch die Biographie nicht geändert, aber auch hier sollte man keine Sympathien erwarten: um seine Süchte und Krankheiten zu befriedigen war Perry die allermeiste Zeit seines Lebens kein besonders guter Mensch. Aber eben auch krank, und das sollte man immer im Hinterkopf haben.

Diverse

The Far Reaches Collection

3.5

Noch eine Collection mit sechs Science Fiction-Kurzgeschichten, die bei Prime oder Kindle oder irgendeinem der anderen tausend Dienste von Amazon irgendwie inkludiert ist. Ich beschwer mich nicht. Kuratiert von James S. A. Corey, der mit der Expanse-Serie ja mehr als genug Vorschußlorbeeren innehat.

James S. A. Corey - How It Unfolds 4
Schöner Einstieg! Wenn du tausend Chancen auf tausend verschiedenen Planeten hättest, meinst du, du kriegst deine Beziehung wieder gekittet? Roy und seine Crew, zu der auch seine Ex-Frau gehört, sind geklont und auf jeden Erd-ähnlichen Planeten geschickt worden, haben dabei aber ihre Erinnerungen behalten. Science Fiction nur insofern, dass es in der Zukunft spielt, denn es geht viel mehr ums Zwischenmenschliche. Und wieder mein Gedanke, dass ich die Story auch gerne in lang gehabt hätte. Vier von fünf Verlobungsringen.

Veronica Roth - Void 3.5
Krimi auf einem Transportraumschiff, dass abgeschnitten von sämtlicher Kommunikation auf einer Routinemission unterwegs ist. War... gut? Wirklich was hängengeblieben ist bei mir allerdings auch nicht. Dreieinhalb von fünf Morden.

Rebecca Roanhorse - Falling Bodies 4
District 9 als Kurzgeschichte war mein erster Gedanke. Aliens haben die Erde erobert und quasi einseitig befriedet. Ira als Hauptcharakter ist der Adoptivsohn eines außerirdischen Senators, der sowohl einen Kampf mit sich selbst als auch mit äußeren Umständen austrägt. Hat mir gefallen, nur die beiden letzten Sätze hätte ich eher aus der Feder eines Anfängers erwartet. Vier von fünf Aliens.

Ann Leckie - The Long Game 2.5
Eine außerirdische Lebensform will die Lebenserwartung ihrer Spezies erhöhen, mit einem ziemlich unüberraschenden Ende. Ist bei mir nicht so wirklich hängengeblieben, für mich die schwächste Kurzgeschichte aus der Collection. Zweieinhalb von fünf Pflanzen.

Nnedi Okorafor - Just Out Of Jupiter's Reach 4.5
Ach das war schön. Ein bisschen traurig auch, ja, aber vor allem schön. Originelle Prämisse, die mich gaaanz leicht an die Themis-Trilogie von Sylvain Neuvel erinnert, zwischenmenschliche Beziehungen, die selbst auf so wenig Seiten überzeugend rüberkommen und wieder der Gedanke, dass ich gerne wissen würde, wie es weitergeht. Viereinhalb von fünf Raumschiffen.

John Scalzi - Slow Time Between The Stars 3.5
Die Prämisse ist gut: eine KI wird ins All geschickt, um einen für Menschen bewohnbaren Planeten zu finden und besiedeln, entwickelt aber über einen Zeitraum von Millionen von Jahren eine etwas andere Vorstellung, wie diese Mission verlaufen soll. Als Kurzgeschichte jedenfalls gut geeignet. Dreieinhalb von fünf Algen.

Paul Tremblay

A Head Full Of Ghosts

4

Als die 14jährige Marjorie Zeichen einer Geisteskrankheit zeigt gipfelt die Hiflosigkeit der Eltern in einem Exorzismus, der live im Fernsehen ausgeschlachtet wird.

Was das eben so ist, wenn man vorab ein paar kurze Reviews liest: man denkt sich so seinen Teil und überlegt, was denn der Twist sein könnte, der da am Ende kommen soll. Ich sags mal so: alle Charaktere sind richtig gut be- und geschrieben, wirklich nichts davon wirkte übertrieben oder unrealistisch. Vielleicht war das Ende auch deswegen so überraschend, hat es doch vielmehr mit der Psyche der Menschen zu tun als mit übernatürlichen Ereignissen und war vielleicht sogar ein wenig banal. Deswegen aber hier dann auch eine Triggerwarnung.

Hat mir sehr gut gefallen, vier von fünf Kruzifixen.

Andrew Chaikin

A Man On The Moon

4

1994 erschienen wird das Apollo-Programm aus den Jahren 1968 bis '72, von Apollo 8 bis 17, beschrieben. Was soll ich sagen, natürlich sollte man ein Interesse an Raumfahrt haben, wird dann aber mit wahnsinnig detaillierten Beschreibungen jeder einzelnen Mission sowie den involvierten Personen belohnt, die sich fast schon wie Fiktion lesen. Vier von fünf Mondlandungen.

Das Nachwort von Chaikin ist aus dem Jahr 1994 - er hatte gehofft, dass die Menschheit es irgendwann nochmal schaffen würde, sich zusammenzutun und gemeinsam in die Zukunft zu blicken. Zu der Zeit war die NASA ein Schatten ihrer selbst aus den 60ern, immerhin wurde kurz zuvro für die ISS die Grundlage geschaffen. Aber es ist so schade, dass wir nicht mehr daraus gemacht haben als egozentrischen Milliardären ein Privatvergnügen zu ermöglichen, während wir hier "unten" zerstrittener denn je sind.

Neil Stephenson

Snow Crash

2.5

Puh. Also. Ähm, ja. Ich hatte mal Lust auf Science Fiction in einem Cyberpunk-Setting und hab natürlich sofort an Gibsons Neuromancer als Quasi-Standardwerk gedacht bzw. es auch angefangen, dann aber als extrem sperrig empfunden, da Gibson anscheinend viel Vorwissen voraussetzt. Ging anderen wohl ähnlich, die aber Stephensons Snow Crash gleichzeitig als zugänglicher beschrieben.

Kann sein. Aber ich hab eben die letzte Seite gelesen und immer noch What just happened? in meinem Kopf, da ich nach wie vor so gut wie keine Ahnung habe, was in Snow Crash eigentlich passiert ist - wobei ich zugebe, dass es auch meinem zunehmenden Desinteresse geschuldet sein mag. Also, ja, es gibt da einen Virus und irgendeine Verschwörung, aber warum die beiden Hauptcharaktere mal hier oder da sind und dann Dinge tun, ganz ehrlich... keine Ahnung.

Not my cup of tea. Zweieinhalb von fünf Metaversen, einfach weil ich absolut nicht einschätzen kann obs ein guter oder schlechter Roman ist.