19. Neuenhagener Kriterium

Letztes Jahr hat mich das Neuenhager Kriterium ja so dermaßen frustriert, dass ich nach der vierten Runde ausgestiegen bin: das ganze Jahr nur strukturiertes Training, alles untergeordnet, keine Group Rides, ja, doch, schon Leistungssteigerungen, dafür aber kein Spaß, und dann vor ziemlich genau einem Jahr die Erkenntnis, dass das noch bei weitem nicht reicht. Es ist ein Prozess, das ist mir klar, aber damals hatte ich dann einfach keine Geduld und Vertrauen mehr in meine Leistung.

Ein Jahr später, also... heute. Und was soll ich sagen, es lief deutlich besser! Blöderweise beim Start Probleme gehabt einzuklicken, wodurch sofort eine Lücke entstand. Da es nach der ersten Kurve auch gleich leicht abschüssig war ergab es für mich keinen Sinn zu versuchen, nochmal aufzuschließen: hätte mich direkt am Anfang komplett ausgepowert und, so ehrlich muss ich ja sein, hätte sowieso niemals mit der Spitzengruppe mithalten können. Trotzdem blöd, ich nehme mal an, dass ich im Windschatten der wirklich guten Fahrer wahrscheinlich ähnliche Wattwerte gedrückt hätte wie jetzt auch, dafür aber nochmal eine ganze Schippe schneller unterwegs gewesen wäre. So sah das dann nach der ersten Runde aus:

Stattdessen darauf spekuliert, dass es anderen ähnlich wie mir geht und sie möglichst früh reißen lassen, um zu denen dann aufzuschließen. Was tatsächlich auch gut funktionierte, so hangelte ich mich gewissermaßen von Fahrer*in zu Fahrer*in durchs Feld, war mal alleine, mal in einer Zweier- oder Dreiergruppe unterwegs, die sich die Führungsarbeit auch ein wenig teilten. Zum Ende hin dann eher solo die Kilometer geschrubbt und irgendwann auch gemerkt, dass trotz vernünftiger Verpflegung und Pacing die Luft ein weeeeenig raus war. In meiner vorletzten Runde kurz vor dem Ziel noch überrundet worden, so dass es offiziell "nur" 17 statt 18 Runden geworden sind. Aber ey, was solls.

Hab mich sehr gut gefühlt, die Leistung stimmte und mit Platz 14 von 26 Teilnehmer*innen bin ich richtig richtig happy! Sehr versöhnliches Ende für ein eher verkorkstes Rennjahr!

Not gonna lie, gerade fühlt sich das Leben sehr sehr schön an.

Sachbuch

★★★★

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Aus gegebenem Anlass. Was soll ich sagen, es liest sich mit Fallbeispielen, Hintergründen, Ideen und Vorschlägen zur Umsetzung flüssig weg, und für Menschen mit so gar keiner Zeit gibt es auch noch Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel bzw. Gesprächsthemen - wobei man sich dann schon fragen sollte, ob das eigentliche Problem nicht ganz woanders liegt.

Klar kanns gut sein, dass das alles für einige auch ein alter Hut ist, aber mir hat es nochmal viele Anreize zum Nachdenken über Mich und mein Handeln gegeben. Die Wertung von vier Sternen ist eher an diejenigen gerichtet, die sich für die Thematik interessieren.

August 2024

  • So ein kleiner Nachtrag aus Juli 2024 sei mir gestattet: Rad am Ring war großartig. Im Vergleich zum letzten Jahr nochmal zwei Runden draufgelegt, so dass ich jetzt bei insgesamt zehn Runden mit etwa 262 Kilometern und knapp 5500 Höhenmetern stehe. Nachts fahren liegt mir mit meiner kleinen Funzel nicht, da sollte ich fürs nächste Jahr wohl noch ein wenig aufrüsten. Und wie schön war einfach dieses ganze Wochenende mit tollen Menschen und Entspannung und allem?
  • Auf dem Weg zu den Cyclemania Race Days an einer unüberwindbaren Baustelle gescheitert, die ich bei der Anfahrt nicht berücksichtigt hatte. Egal wie, ich wäre nicht rechtzeitig zum Start gekommen. Satz mit x, was für eine Scheisse.
  • Velocity am Tag danach gleich gespart, bei dem Wetter verging mir jede Lust.
  • Warten. Aber worauf eigentlich?

Dokumentation

★★★★

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Es dürfte klar sein, dass man schon ein gewisses Interesse für den Radsport haben sollte bevor man zu diesem Buch greift, aber dann ist es wirklich hochinteressant, die letzten drei Jahre - und eigentlich noch früher - von Jumbo-Visma aus Sicht eines Insiders zu verfolgen, der mit den Teamleitern, den Sportdirektoren, natürlich den Fahrern selbst und noch so viel anderen Personen im ständigen Austausch war. Denn da ist mittlerweile so viel mehr als "Setzt euch mal aufs Rad und schaut mal, dass ihr als Erster ins Ziel kommt!".

Es gibt ein paar wenige langatmige Stellen und man merkt schon, und dass Tom Domoulin so viel Platz eingeräumt wird ist wohl dem niederländischen Ursprung des Buches geschuldet, aber ganz ehrlich: es gibt einen so viel besseren Einblick hinter die Kulissen als eine gewisse erste Staffel einer gewissen Netflix-Serie, auf die ich jetzt aber nicht näher eingehen werde. Und dann natürlich das Ende mit der ausführlichen Besprechung der Tour de France 2022, die zum einen nochmal verdeutlicht wieviel Taktik in diesem Rennen steckt, und zum anderen auch noch überraschend spannend geschrieben ist. Vier von fünf Rennrädern.

Und weil das hier ja mein kleiner Sandkasten ist, in dem außer mir ja sonst niemand spielt, hab ich dem ganzen einen neuen Anstrich verpasst, da ich mich am alten sattgesehen habe. Gut, ne?

Und bevor die Stadt so richtig erwacht für einen kurzen Moment... Ruhe.

John Wray

Unter Wölfen

Fiction

★★☆☆☆

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War vermutlich nicht die beste Idee, Morgen, Morgen und wieder Morgen erst vor kurzem gelesen zu haben, denn irgendwie hatte ich eine ähnliche Handlung in einem anderen Kontext - Heavy Metal Szene der 80er in LA statt Videogames - erwartet, zumindest hat der Klappentext das denken lassen.
Hat nur leider nicht funktioniert, einerseits weil er sich zwar auf die tatsächliche Szene der 80er bezieht, darüber aber eher steril und sachlich als emotional schreibt, und andererseits weil die drei Charaktere sich eher wie Statisten denn wie die Hauptdarsteller des Buches anfühlen. Zu Kira gibt es überhaupt keine Hintergrundgeschichte, Leslie ist ein Arschloch und Kip schmeisst eigentlich nur mit Phrasen um sich und zu keinem Zeitpunkt baut man irgendeine richtige Bindung zu den dreien auf. Da machts dann auch nix mehr, dass der Plottwist nach 2/3 fehl am Platz und ehrlich gesagt auch ziemlich doof wirkt, so als hätte Wray keine Ahnung gehabt wie er das Buch beenden soll und sich dann eben was ausgedacht hat. Schade eigentlich, fühlt sich nach einer vertanen Chance an. Zweieinhalb von fünf Metalriffs.